Jesu Quartiermacher

Predigt über Lukas 9,51‑56 zum Sonntag Okuli

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wenn radikale Muslime mit Gewehren und Bomben Anders­gläubige bekämpfen, dann berufen sie sich dabei auf den Koran. Der Koran lehrt nämlich den Dschihad, einen heiligen Kampf zur Ver­teidigung und Ausbreitung des Islam. Wenn Christen dasselbe tun würden, dann könnten sie sich nicht auf die Bibel berufen, dann hätten sie das Neue Testament sogar gegen sich. Jesus warnte mehrmals davor, Ungläubige zu verfolgen oder sie im Namen Gottes zu bestrafen. Auch die Begeben­heit, die wir eben als Predigttext gehört haben, macht das deutlich.

Jesus hatte sich gegen Ende seiner Wirksamkeit mit seinen Jüngern in eine einsame Gegend zurück­gezogen. Aber eines Tages sagte er zu ihnen: „Los, wir reisen jetzt nach Jerusalem.“ Er verhehlte ihnen dabei nicht, dass ihn diese Reise in Leiden und Tod führen würde. Aber er wusste: Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, den der Vater im Himmel für das große Erlösungs­werk bestimmt hatte. Der Evangelist Lukas berichtet: „Es begab sich aber, als die Zeit erfüllt war, dass er hinweg­genommen werden sollte, da wandte er sein Angesicht, stracks nach Jerusalem zu wandern.“

Weiter heißt es: „Und er sandte Boten vor sich her; die gingen hin und kamen in ein Dorf der Samariter, ihm Herberge zu bereiten.“ Wir bekommen hier einen kleinen Einblick in den Alltag der Jünger­schar: Bei längeren Fußreisen hatte Jesus offenbar die Gewohnheit, ein paar seiner Jünger als Quartier­macher voraus­zuschicken, damit sie alle für die Nacht eine Unterkunft fänden. Wir sehen: Jesus stellt seine Jünger als Mitabeiter an. Das ist ja bis heute so: Weil wir Jünger Jesu geworden sind, sollen wir auch seine Mitarbeiter sein. Das gilt für mich als Pastor, das gilt für die Kirchen­vorsteher, die Kassen­führerin, die Chorsänger, die Putzkolonne beim Frühjahrs­putz der Kirche und mehr oder weniger offensicht­lich letztlich für jedes Gemeinde­glied: Weil wir Christen sind, also Jünger von Jesus Christus, soll jeder mit seinen Gaben und Kräften im Reich Gottes mithelfen. Den Auftrag dazu hat Jesus auch uns gegeben, ebenso wie den Boten damals, die in das Samariter­dorf voraus­eilten, um ein Quartier zu besorgen. Und im Prinzip ist unser Auftrag genau derselbe: Wir sollen für Jesus Quartier machen. Wir sollen die Menschen dazu auffordern, Jesus bei sich auf­zunehmen, in ihr Herz auf­zunehmen. Alle Mitarbeit in der Kirche hilft direkt oder indirekt dabei mit, diesen Auftrag aus­zuführen.

Nun machen wir bei der Ausführung dieses Auftrags oft dieselbe Erfahrung, die die Boten damals auch gemacht haben: Nicht alle Leute sind bereit, Jesus auf­zunehmen. Oftmals führten die Bemühungen der Quartier­macher Jesu nicht an das gewünschte Ziel, und Jesus musste mit seinen Jüngern im Freien kampieren. So war es auch diesmal: Das nächst­liegende Dorf verweigerte Jesus und seinen Jüngern die Gast­freund­schaft. Das war für damalige Ver­hältnisse äußerst unhöflich, um nicht zu sagen feindselig, denn die Gast­freund­schaft war im alten Israel heilig. Jeder war mehr oder weniger moralisch dazu ver­pflichtet, durch­reisenden Fremden Essen und Nacht­quartier zu gewähren. Äußerst unhöflich und feindselig gegenüber Gott ist es auch, wenn Menschen ihr Herz vor Jesus ver­schließen, wenn sie also dem Sohn ihres Schöpfers den Zutritt verwehren. Gerade dem Sohn, der kommt, um zu lieben, zu helfen, zu heilen. Trotzdem handeln noch heute viele Leute so. Sie sagen: „Bei mir hat Jesus nichts zu suchen – kommt mir nicht mit Jesus!“ Aber andere sind auch nicht besser, wenn sie zwar für Jesus ihre Herzenstür öffnen, aber ihm dann sagen: „Du kannst bei mir wohnen, aber verzieh dich möglichst unauffällig in den hintersten Winkel. Störe mich nicht, komm mir nicht in die Quere bei meiner Arbeit und meiner Freizeit­gestaltung. Und lass dich vor allem nicht blicken, wenn meine Freunde zu Besuch kommen, die lachen mich sonst aus.“ Ja, so ähnlich denken heute viele, die sich zwar Christen nennen, es aber in Wirklich­keit nicht sind. Denn wer Jesus aufnimmt, ohne ihn zu ehren und ihn als Meister an­zuerkennen, der verhält sich letztlich ebenso abweisend wie einer, der ihn gar nicht erst herein­lässt.

Im engsten Jüngerkreis war man mit Recht wütend auf die abweisenden Bewohner des Samariter­dorfs. Jakobus und Johannes, die beiden Hitzköpfe unter den Zwölfen, setzten sich für eine harte Bestrafung ein und baten Jesus, dass sie in seinem Namen ein Strafwunder bewirken dürfen: „Herr, willst du, so wollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel falle und sie verzehre.“ Das Strafwunder hatten sie sich keineswegs selbst ausgedacht, sondern sie wussten, dass Gott schon einmal vor langer Zeit zwei gottlose Städte mit Feuer vom Himmel bestraft hatte, Sodom und Gomorra nämlich. Und das ist keineswegs das einzige göttliche Straf­wunder, von dem die Bibel berichtet: Da gibt es auch noch die Sintflut und da gibt es jede Menge andere Zorn­ausbrüche Gottes mit Feuer, Wasser, wilden Tieren und des­gleichen. Allerdings wird man unter den vielen Wundern, die Jesus getan hat, vergeblich nach einem Strafwunder suchen. Jesus hat niemals seine göttliche Macht dafür eingesetzt, dass Menschen für ihre Sünden und für ihre Gottlosig­keit bestraft werden. Jesus hat immer nur Wunder getan, um zu helfen, zu heilen und Gottes Herrlich­keit zu offenbaren. Jesus ist in die Welt gekommen, um Gottes Liebe zu den Menschen zu bringen, nicht Gottes Zorn. Daran wird er Jakobus und Johannes erinnert haben, wenn es vom ihm heißt: „Jesus wandte sich um und wies sie zurecht.“

Diese Lehre gilt nicht nur den beiden und nicht nur allen damaligen Jüngern, sondern bis zum heutigen Tag uns allen, die wir seine Jünger sind. Auch bei anderer Gelegenheit hat Jesus ent­sprechend gelehrt, etwa als er das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen erzählte. Er machte darin deutlich, dass seine Jünger bis zum Jüngsten Tag darauf verzichten sollen, das Unkraut der Ungläubigen unter dem Weizen der Heiligen gewaltsam aus­zurotten. Wohl­bemerkt, bis zum Jüngsten Tag. Dann wird Jesus zum Gericht wieder­kommen, dann wird er auch strafen und vernichten, so bezeugt es das ganze Neue Testament. Dass Jesus zur Zeit des Neuen Testaments auf Strafwunder verzichtete und dass die Kirche auf Erden diesem Beispiel folgen soll, das bedeutet ja nicht, dass es Gottes Zorn nicht mehr gibt und dass er nie mehr Straf­gericht halten wird. Nein, aber er spart seinen Zorn auf bis zum Jüngsten Tag. Warum? Damit alle Menschen eine Chance haben, nämlich die Chance zur Buße, zur Bekehrung. Damit diejenigen, die bis heute Jesus noch nicht in ihr Herz aufgenommen haben, ihr gottloses Verhalten noch ändern können. Denn nur so, nur mit Jesus im Herzen, wird einem Menschen seine Schuld vergeben und die Strafe Gottes endgültig erlassen.

Liebe Brüder und Schwestern in Christus, wir wissen, wie herrlich es ist, mit Jesus zu leben. Wir können uns auf den Tod und auf den Jüngsten Tag freuen, denn dann dürfen wir endlich den sehen, der schon längst in unseren Herzen wohnt. Und weil das so herrlich ist, wollen wir anderen davon weiter­sagen. Und wir wollen in unserer Kirche und Gemeinde dabei mithelfen, dass kräftig eingeladen wird. Jesus ruft auch dich in die Mitarbeit, er will auch dich unter den Quartier­machern sehen, die direkt oder indirekt, auf die eine oder andere Weise, andere bitten und ermuntern: Nehmt doch Jesus auf! Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2006.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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