Mit oder ohne Gott leben?

Predigt über Jeremia 17,13‑14 zum 2. Sonntag nach Epiphanias

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Trostlos sieht sie aus, die Pflanze. Die Blätter sind gelb geworden, müde und zerknittert hängen sie herunter. Die Erde im Topf ist staub­trocken. Schon lange hat dieser Blumentopf keinen Tropfen Wasser mehr gesehen. Nun ist die Pflanze tot, da ist nichts mehr zu machen.

Ein Mensch ohne Gott gleicht einer Pflanze ohne Wasser: Er kann nicht bestehen, sondern früher oder später verwelkt er, vergeht er, vertrocknet er, verdorrt er. Jeremia klagte es dem Herrn: „Alle, die dich verlassen, müssen zu Schanden werden, und die Abtrünnigen müssen auf die Erde geschrieben werden; denn sie verlassen den Herrn, die Quelle des lebendigen Wassers.“ Wer Gott den Rücken kehrt, der schneidet sich vom lebens­wichtigen Wasser ab und wird wie eine Pflanze ver­trocknen. Wer sich vom Herrn lossagt, von dem bleibt nur eine Grab­inschrift auf der Erde. „Wer nicht glaubt, der wird verdammt werden“, warnte Jesus. Wer Gott verlässt, der muss zu Schanden werden, der vergeht, der geht verloren, für den ist nach Gottes Gericht endgültig Schluss.

Liebe Mit­christen, hört ihr die Warnung von Gottes Wort? Erkennt ihr die Gefahr? Es ist eine wirkliche Gefahr. Sie bedroht viele Menschen in der Welt, auch viele Christen, auch viele Glieder unserer Gemeinde, auch unser eigenes Herz.

Viele Menschen in der Welt sind weit entfernt vom lebendigen Gott. Sie jagen falschen Göttern nach oder sie lehnen stolz jeden Glauben ab und machen sich damit selbst zu Göttern.

Aber auch im Raum der christ­lichen Kirchen findet man dies, dass überwiegend nur vom Menschen geredet wird. Es geht immerfort darum, was der Mensch tun soll und was er tun kann und dass er mit einem bisschen Hilfe von Gott schon alles in den Griff kriegen wird. Mit einem bisschen Hilfe von Gott – merkt ihr, was da geschieht? Da wird aus dem All­mächtigen, dem Schöpfer der ganzen Welt, ein Lückenbüßer gemacht, ein Notnagel, ein Handlanger für menschliche Pläne und Träume. Ja, auch wenn man Gottes Namen noch im Munde führt, kann man ihn innerlich schon verlassen haben. Das war bei Jeremias Zeit­genossen der Fall, und über sie klagt der Prophet hier mit diesen Worten.

Aber auch in der lutheri­schen Kirche, wo Gottes Wort getreu der Heiligen Schrift verkündigt wird und wo seine Sakramente treu gebraucht und verwaltet werden, greift die Unsitte um sich, dass man den Herrn verlässt und die eigenen all­täglichen Belange für wichtiger hält. Wenige Treue sind es ja nur noch, die hier Sonntag für Sonntag bei Gott die Quelle des Lebens suchen. Viele haben ihm schon halb oder ganz den Rücken gekehrt, kommen nur noch selten oder gar nicht mehr, beschäf­tigen sich auch sonst nicht mit Gottes Wort oder haben teilweise sogar schon ganz den Glauben verloren.

Aber auch wir, die wenigen Treuen, die wir uns hier zum Gottes­dienst halten, müssen uns selbst ehrlich fragen: Sind wir denn wirklich bei Gott, bei der Quelle des Lebens – mit ganzem Herzen? Oder sitzen wir nur äußerlich hier, aus Gewohnheit oder aus Pflicht­gefühl? Haben sich unsere Herzen vom Herrn entfernt, sind sie nicht mehr mit Andacht dabei, wenn wir singen und lobpreisen, wenn Gott zu uns redet oder wenn wir zu ihm reden, und wenn er uns im Heiligen Abendmahl das Kostbarste schenkt, was er zu schenken hat, den Leib und das Blut seines Sohnes Jesus Christus, und damit herrliches ewiges Leben? Saugen wir mit großem Eifer jeden Tropfen aus Gottes lebendiger Quelle in uns auf, oder sind wir lustlos und träge? Ja, sollten auch unsere Herzen drauf und dran sein, sich vom lebendigen Gott zu entfernen?

Der große Gottesmann, der heilige Prophet Jeremia, mag auch solche Gedanken und Be­fürchtungen im Blick auf sich selbst gehabt haben. Alle Diener Gottes predigen nicht nur für andere, sondern sie predigen auch für sich selbst. Sie mahnen und warnen nicht nur andere, sondern sie lassen sich selbst von Gottes Wort mahnen und warnen. Der Schreck, zu dem es dann kommt, der ist heilsam. Denn er führt nicht weiter von Gott weg, sondern er führt wieder näher zu Gott hin. So ruft denn der er­schrockene Jeremia zu seinem Gott: „Heile du mich, HERR, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen.“ Können wir das nach­vollziehen, diesen Hilferuf? Gott gebe, dass wir es können! Denn eine große Gefahr besteht dann, dass unsere Herzen Gott gegenüber kalt und gefühllos werden und dass wir uns in falscher Sicherheit wiegen, dass wir meinen, es sei ja alles in Ordnung bei uns und könne so bleiben. Wenn wir solche Haltung haben, sind wir auf dem Weg weg von Gott, auf dem Weg weg vom heilsamen Lebens­quell. Nein, lasst uns vielmehr wie Jeremia Gott von ganzem Herzen um Hilfe anflehen und um Veränderung bitten: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir gehofen.“

Wenn wir so beten, dann bitten wir Gott nicht nur um Hilfe, sondern dann sprechen wir ihm auch das Vertrauen aus, dass er wirklich helfen kann und wird. Wir bitten „Heile mich!“, und wir vertrauen: „Ich werde heil.“ Wir bitten: „Hilf du mir!“, und wir vertrauen: „Mir ist geholfen.“ Dieses Vertrauen ist kein un­begründeter Optimismus, sondern es gründet sich auf die Erlösung, die Jesus Christus für uns erworben hat. Diese Erlösung wird uns ja auch immer wieder aufs Neue zu­gesprochen. Seit Jesus in die Welt kam, gilt für alle Menschen: Bei ihm, dem Sohn Gottes, ist die Quelle des Heils. Wenn wir uns zu Jesus halten, dann werden wir nicht vertrocknen wie Pflanzen ohne Wasser, sondern dann werden wir ewig grünen. Und dann haben wir auch ewig Grund, halleluja zu singen. Nichts anderes meint der letzte Satz des Predigt­textes aus Jeremias Gebet: „Du bist mein Ruhm.“ Wir können auch übersetzen: „Du bist mein Lobpreis“, oder, wenn wir das hebräische Wort beinahe unübersetzt lassen: „Du bist mein Halleluja.“

Sind wir also an­gefochten, oder merken wir, wie wir uns von Gott entfernt haben? Dann lasst uns die Gefahr erkennen und uns aufs Neue mit ganzem Herzen Gott zuwenden. Er lässt sich in Jesus Christus finden, in seinem Wort und im Heiligen Abendmahl. Sind wir an­gefochten, dann lasst es uns wie Jeremia machen: Bitten wir Gott um Hilfe, vertrauen wir auf seine Erlösung und hören wir nicht auf, ihn zu preisen. Lasst uns ihm nach­sprechen: „Heile du mich, HERR, so werde ich heil; hilf du mir, so ist mir geholfen; denn du bist mein Ruhm.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2006.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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