Wir brauchen Gottes Bund

Predigt über 2. Mose 24,1‑11 zum letzten Sonntag nach Epiphanias

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wenn ein Mensch meint, er könne ohne Gott richtig leben und an ein gutes Ziel kommen, dann gleicht er einem vierjährigen Kind, das ohne Eltern allein leben will. Wir wissen, dass das nicht gut gehen würde: Ein Vier­jähriger braucht nun einmal die Betreuung und Führung durch Erwachsene; ohne diese Bindung kann er nicht leben. Genauso sind alle Menschen auf die Verbindung mit Gott dem Herrn angewiesen. Als Gott den Menschen schuf, hat er nicht zu ihm gesagt: „Nun sieh zu, wie du allein in der Welt zurecht­kommst.“ Vielmehr hat er ihn sich als Gegenüber geschaffen, um ihn in väterlicher Liebe zu betreuen und zu begleiten, zu beschützen und zum guten Leben anzuleiten.

Diese Bindung des Menschen an Gott hat der Herr immer wieder und auf vielfältige Weise bekräftigt. In besonderer Weise hat er dies mit seinem Eigentums­volk Israel getan – zum Vorbild für alle Völker. Wie Gott diese Bindung an Israel feierlich erklärt hat, das haben wir eben in dem Bibel­abschnitt gehört. Er handelt von jenem Ereignis, das dem Alten Testament seinen Namen gegeben hat: Es ist der feierliche Bundes­schluss am Berg Sinai, die Aufrichtung des alten Bundes zwischen Gott und seinem Eigentums­volk Israel. „Altes Testament“, das heißt nichts anderes als „alter Bund“.

Gott hat seinen alten Bund bereits vor dreieinhalb­tausend Jahren ge­schlossen, und da sollte es uns nicht wundern, wenn uns viele Einzel­heiten bei diesem Ereignis merkwürdig und fremdartig vorkommen. Allerdings weist uns das Merkwürdige und Fremdartige dieses Ereignisses noch auf etwas anderes hin: Es ist Gottes Bund; nicht Menschen haben ihn sich erdacht. Also: Nicht gleich­rangige Partner haben hier einen Vertrag miteinander ge­schlossen, sondern der Herr selbst hat in seiner Freiheit Zeichen und Handlungen eingesetzt, mit denen er seine Bindung zu den Menschen bekräftigen wollte. Weil das von Gott kommt, muss jeder verstehen, dass wir es nicht völlig verstehen können.

Aber wir wollen die Haupt­merkmale dieses alten Bundes­schlusses doch festhalten: Da gibt es einen Menschen, den Gott zum Mittler eingesetzt hat – Mose, der große Prophet. Da gibt es ferner Priester und Älteste, die das Volk vor Gott repräsen­tieren. Da wird Gottes Wort verlesen und für künftige Gene­rationen schriftlich fest­gehalten, das Gesetz des alten Bundes mit den heraus­ragenden Zehn Geboten. Da verspricht das Volk, Gott gehorsam zu sein und das Gesetz zu halten. Da wird geopfert, da fließt Blut von Opfer­tieren, und durch Versprengen dieses Blutes wird der eigentliche Bundes­schluss besiegelt. Da gibt es eine Fest­mahlzeit für die Vertreter des Bundes­volkes. Und da dürfen Mose und die anderen Aus­erwählten schließlich Gott als eine herrliche Gestalt schauen – so herrlich, dass es dafür keine mensch­lichen Worte zur Be­schreibung gibt; die Bibel schweigt an dieser Stelle über Gottes Aussehen.

Mit diesem Bund hätte das Volk Israel herrlich in der Bindung an Gott den Vater leben können, im Wohlstand, mit innerem und äußerem Frieden. Aber die Israeliten haben diesen Frieden immer wieder aufs Spiel gesetzt. Sie haben sich aus Gottes Bindung losgerissen und den Bund gebrochen. Gott hat sie unzählige Male gemahnt, gewarnt, gestraft und neu angenommen; alle folgenden Bücher des Alten Testaments nach dem 2. Buch Mose geben Zeugnis davon. Aber letztlich gab es in Gottes altem Bund keinen Trost und keine Rettung für Sünder. „Du sollst“ heißt es im Bundesgesetz und: „Du sollst nicht“, und: „Gott wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen miss­braucht“. Der alte Bund war ein Gesetzes­bund, und das Gesetz verheißt nur dem Gerechten gutes Leben, dem Übertreter aber Strafe und Tod.

Nun hatte Gott Mitleid mit seinem sündigen Volk und darüber hinaus mit allen Menschen, die es nicht schaffen, sein Gesetz zu halten. Gott hat auch Mitleid mit uns. Gott wusste, dass wir die Bindung an ihn brauchen, dass sie für uns lebens­notwendig ist. Darum hat Gott einen neuen Bund gestiftet, den neuen Bund, das neue Testament. Es ist der eine Bund, der Sündern Rettung und Erlösung verheißt, eine neue Bindung an Gott, neuen Frieden, neues gutes Leben, ewiges Leben. Nicht am Berg Sinai hat Gott diesen neuen Bund auf­gerichtet, sondern auf dem Hügel Golgatha.

Auch die Ereignisse dieses neuen Bundes­schlusses mögen uns merkwürdig und fremdartig vorkommen. Auch hier erkennen wir Gottes Handschrift und Gottes Weisheit, die menschliche Vernunft weit übersteigt. Der Mittler des neuen Bundes ist Gott selbst, Gottes Sohn, ein Mensch geworden, der Mensch Jesus Christus. Da sind auch zwölf Männer, die das neue Bundesvolk repräsen­tieren, zwölf Jünger. Ein Opfer gibt es da auch: das Lamm Gottes, dass sich selbst am Kreuz in den Tod dahingibt und so die Sünden der Welt trägt. Sein Blut reinigt uns von unserer Sünde. Gott selbst wird dabei sichtbar, seine Herrlich­keit in der Knechts­gestalt des Gottes­sohnes am Kreuz. „Wer mich sieht, der sieht den Vater“, hatte Jesus zuvor bezeugt. Und in der Nacht vor der Kreuzigung hatte Jesus mit seinen Jüngern das Bundesmahl gefeiert, das heilige Abendmahl eingesetzt. Auf geheimnis­volle Weise wurde der Wein, den man zu diesem Festessen trank, zum Blut des Gottes­sohnes, und das Brot wurde sein für uns im Tod gebrochener Leib. „Das ist mein Blut des neuen Testaments, des neuen Bundes“, mit diesen Worten richtete der Gottessohn den neuen Bund für alle Menschen auf. Kein Wort des Gesetzes ist es, sondern ein Wort des Evan­geliums: „Für euch vergossen zur Vergebung der Sünden“.

So übertrifft der neue Bund den alten, denn seine Verheißung gilt nicht nur dem Gerechten, sondern auch und vor allem den Sündern. Durch Jesus und den neuen Bund kann jeder Mensch wieder in Verbindung mit Gott treten, egal wie weit er sich vom Herrn entfernt hat. So wollen wir uns freudig immer wieder zum Herrn Jesus Christus bekennen. Dankbar und demütig wollen wir es annehmen, dass er seinen neuen Bund uns stets aufs Neue bekräftigt, wie er es zuerst in unserer Taufe getan hat. Wir wollen das Bundesmahl fröhlich mitfeiern, zu dem er uns immer wieder einlädt. Auch wenn wir das Geheimnis seines Leibes und Blutes unter Brot und Wein nicht begreifen können: Es ist Gottes Hand­schrift, es ist des Herrn Art, sich mit uns uns auf das Innigste zu verbinden. Wir wollen es einfach an uns geschehen lassen, es demütig annehmen wie Kinder. Denn Kinder sind wir, Gottes Kinder. Wir brauchen die Bindung zum Vater im Himmel, und darum brauchen wir Jesus und den neuen Bund. Nur so können wir gut leben. Nur so können wir überleben. Nur so können wir ewig leben. Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2005.

Autor: Pastor Matthias Krieser

SOLI DEO GLORIA!

PREDIGTKASTEN

►  Startseite

►  Impressum