„Jesus Christus spricht: Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.“

Predigt über Lukas 22,32 zum Neujahrstag

Liebe Brüder und Schwestern in Christus!

Wer irgendetwas vom neuen Jahr erwartet, erhofft oder befürchtet, der hat einen Glauben. Keiner kann beweisen oder garan­tieren, was kommen wird. Die Natur­katastrophe in Asien führt es uns mit brutaler Härte vor Augen: Unser Leben kann an jedem Tag eine unverhoffte Wendung nehmen; wir können unseren Besitz verlieren oder liebe Menschen oder unsere Gesundheit oder auch unser Leben. In ein neues Jahr gehen ist wie im dichten Neben unterwegs sein: Wir sehen nicht, was als Nächstes kommt, wir können es nur mit einiger Wahr­scheinlich­keit erwarten, erhoffen oder eben glauben.

Auch was unseren Weg als Christen angeht, sehen wir nicht klar. Gottes Handeln an der Welt und an uns persönlich bleibt uns verborgen. Wir haben keine Beweise, und der Verstand kann es nicht fassen. Dass Gott uns begleitet und behütet, dass er uns durch Jesus Christus unendlich lieb hat und alle Schuld vergibt, dass wir einmal zu ihm in den Himmel kommen, das sehen wir nicht, das können wir nur hoffen und glauben. Aber wir glauben es auf sein Wort hin, auf seine Zusage in der Bibel. Ja, auch als Christen gehen wir in das neue Jahr wie in einem dichten Nebel. Aber wir gleichen Kindern, die diesen Weg an der Hand des Vaters machen, der tröstend spricht: „Keine Angst, ich bin ja bei dir, ich kenne den Weg, ich passe schon auf.“

Dieser Glaube, dieses kindliche Vertrauen, ist kein psycho­logischer Trick, mit dem wir versuchen, uns das Leben etwas er­träglicher zu machen. Dieser Glaube ist auch keine Leistung, die wir aus eigener Willens­anstrengung hervor­bringen und mit der wir uns den Himmel verdienen. Aus eigener Kraft können wir überhaupt nicht glauben, kein Mensch hat das in der Hand. Nein, der Glaube an den Herrn Jesus Christus und an Gottes Liebe ist vielmehr ein Geschenk. Ebenso wie Gott uns die Erlösung schenkt, schenkt er uns den Glauben. Wer von uns als kleines Kind getauft wurde, hat das Samenkorn des Glaubens bei dieser Gelegenheit empfangen, und daraus ist dann schließlich eine erwachsene Pflanze geworden. Freilich eine Pflanze, die in den rauhen Stürmen unserer Zeit und Welt abzuknicken droht oder vielleicht schon abgeknickt ist.

Aber das lässt Gott keineswegs kalt. Der, der uns das Geschenk des Glaubens gemacht hat, will es auch erhalten. Der Prophet Jesaja hat verheißen: „Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen“ (Jes. 42,3). Der Apostel Paulus hat zugesagt: „Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende nimmt, dass ihr's ertragen könnt“ (1. Kor. 10,13). Und der Herr selbst, Jesus Christus, versichert uns: „Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre“ (Lukas 22,32).

Die Pflanze unseres Glaubens ist gefährdet. Aber unser Heiland bittet seinen Vater im Himmel, dass er sie uns erhalte und neu stärke. Warum ist der Glaube gefährdet? Machen wir uns nichts vor: Wir leben im Krieg. Die Bibel macht uns an vielen Stellen ein­dringlich deutlich: Jedes Kind Gottes in dieser Welt steht in einem Kampf, im Kampf des Glaubens. Unser Feind ist der Satan: Ihm ist es ein Dorn im Auge, wenn Menschen an den Erlöser Jesus Christus glauben. Er will nicht, dass wir selig werden, sondern er will, dass wir auf ewig ins Verderben stürzen, so, wie es ihm selbst beschieden ist.

„Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre“ – Jesus sagte dieses tröstliche Wort ur­sprünglich dem Simon Petrus in einer schweren Zeit, in der Nacht vor der Kreuzigung. Unmittelbar davor hatte er ihm deutlich gemacht, mit welchem Feind es die Jünger zu tun haben: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen.“ Welche Jünger werden in der Stunde der Anfechung umkippen, davon­fliegen wie Spreu im Wind? Welche Jünger werden mit ihrem Glauben Bestand haben wie die wertvollen Weizen­körner? Nur die, die sich den Glauben von Gott schenken lassen. Simon Petrus musste das in jener Nacht sehr schmerzlich lernen, und er wäre zweifellos vom Satan völlig überwältig worden, wenn Jesus nicht für ihn gebeten hätte. Von zwei Seiten hatte Satan ihn brutal in die Zange genommen, zuerst von der Seite des Hochmuts, dann von der Seite der Ver­zweiflung. Zuerst hatte Petrus vollmundig ge­antwortet: „Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.“ Noch in der Stunde der Gefangen­nahme Jesu hatte er mutig das Schwert gezückt und wollte kämpfen – nicht sehend, dass man den Satan nicht mit Schwertern bekämpfen kann. Dann aber übermannte ihn plötzlich die Feigheit, und er stritt dreimal heftig ab, dass er Jesus überhaupt nur kennt. Danach der Hahnen­schrei und die Ver­zweiflung, die Erkenntnis: Mein Glaube hat versagt, ich bin nicht wert, ein Jünger Jesu und ein Kind Gottes zu heißen. Aber Jesus hat für ihn gebetet, dass sein Glaube nicht aufhöre. Jesus hat ihm sein Versagen vergeben. Und Jesus hat ihm auf diese Weise gezeigt, dass man nicht aus eigenem Willen glauben und geistlich stark sein kann, sondern nur aus Gnade. Glaube ist ein Geschenk, und Jesus hat dem Simon Petrus dieses wunderbare Geschenk gemacht und bis zum Lebensende erhalten.

Von zwei Seiten nimmt der Satan auch heute noch uns Christen in die Zange und versucht unsern Glauben zu zerbrechen, von der Seite des Hochmuts und von der Seite der Ver­zweiflung. Der Hochmut kommt heutzutage auf leisen Sohlen. Er kommt mit dem guten Gefühl daher, dass man als Christ den anderen Menschen doch irgendwie überlegen ist. Die andern sind egoistisch – ich aber bin hilfs­bereit, liebevoll und tolerant. Der Hochmut kann sogar stolz auf seine Demut sein: Ich bin bescheiden, ich gebe nicht an mit meinem Glauben, ich gebe überhaupt nicht an! Der Hochmütige ist sich sicher, dass er in den Himmel kommt – nicht wegen Jesus, sondern weil er meint, Gott müsse doch letztlich recht zufrieden mit ihm sein. Er habe sich doch bei aller mensch­lichen Schwäche redlich bemüht, in Rücksicht und Liebe zu leben, das müsse Gott schließlich anerkennen. Wer so denkt, dessen Glaube ist schon abgeknickt! Denn niemand lebt liebevoll genug, um damit vor Gott glänzen zu können. Keiner hat den Himmel verdient. Der Himmel wird denen geschenkt, die an Jesus glauben, und auch dieser Glaube ist ein Geschenk, für das Jesus sich aufgeopfert hat und das er von seinem himmlischen Vater erbittet: „Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.“

Weiter verbreitet ist heute freilich die Glaubens­gefahr durch Anfechtung. Was wir in der Welt um uns herum erleben, ist eher geeignet, uns am Sieg des Herrn Jesus Christus zweifeln zu lassen als in ihm bestärkt zu werden. Oft fühlen wir uns wie Petrus, der im Hof des Gerichts­gebäudes Jesus den Prozess verlieren sieht. Und dann schweigen wir feige, wenn wir von Gottes Liebe und von unserm Herrn Jesus Christus reden sollten. Wie Petrus erkennen wir nicht, dass Christus seinen Sieg durch scheinbares Verlieren gewonnen hat; wir erkennen nicht, dass einer siegreichen Auf­erstehung der Tod vorangehen muss. Aber Gott schenkt uns immer wieder neu den Glauben, dass wir es neu sehen und erkennen, dass wir aufs Neue getrost und mutig werden. Jesus versichert uns: „Ich habe für dich gebeten, das dein Glaube nicht aufhöre.“

Und der himmlische Vater erhört Jesu Gebet. Er tut ja alles, dass uns das kostbare Geschenk des Glaubens und der Erlösung erhalten bleibt. Er weist den Satan in seine Schranken. Er reicht uns die Medizin, mit der unser Glaube überleben und gesund werden kann: Sein heiliges Wort und das Heilige Abendmahl. Er schickt uns seinen Heiligen Geist. Er nimmt uns fest an die Hand, wenn wir im Nebel unterwegs sind. Spürst du seine Hand? Hörst du sein Wort? Schmeckst du seine Freund­lichkeit? Jesus Christus spricht: „Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.“ Amen.

Diese Predigt wurde erstmals gehalten im Jahre 2005.

Autor: Pastor Matthias Krieser

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