Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
„Friede auf Erden“, sangen die Engel zur Heiligen Nacht. Das ist 2000 Jahre her. Wo ist denn nun der Friede auf Erden, den Jesus bringen sollte, fragen viele, denn bis heute ist die Welt ja kein bisschen friedlicher geworden. Ja, wo ist denn der Weihnachtsfriede geblieben? So können freilich nur die fragen, die nicht richtig zugehört haben bei der Botschaft des Engels, der da verkündete: „Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.“ Da ist der Friede: beim Kind in der Krippe, beim Mensch gewordenen Gottessohn, beim Friedefürsten Jesus Christus. Wer Frieden will, der muss hin zu ihm.
Das können wir freilich nur dann verstehen, wenn wir uns keine unrealistischen Vorstellungen vom Frieden machen. Der weihnachtliche Friede auf Erden ist nichts Idyllisches, nichts Sentimentales, keine allgemeine Friedens-Schokoladensoße, die sich vom Himmel herab über die ganze Menschheit ergießt und alle in selige Friedensharmonie einlullt. Der Friede Christi ist auch keine Droge, mit der plötzlich alle Aggressivität einschläft, mit der alle Menschen die Welt plötzlich durch eine rosarote Brille sehen. So eine oberflächliche Friedenssentimentalität wäre unrealistisch und entspräche auch nicht Gottes Heilsplan für die Welt; solche Friedenssentimentalität passt bestenfalls ins Märchenbuch. Nein, was im Stall zu Bethlehem begann, ist kein romantisches Märchentheater, sondern es ist Gottes Weltpolitik, Gottes Friedenspolitik für die Welt. Gott sendet mit seinem Sohn einen mächtigen Feldherrn in die Welt, einen starken Helden, um die Macht der Feinde zu bezwingen. Denn das wissen wir doch, wenn wir unsere Welt realistisch betrachten: Friede kommt nur dort zustande, wo ein Stärkerer die Mächte des Unfriedens besiegt. Alles andere ist Utopie, Träumerei, Schwärmerei. Dazu ist das Kind in der Krippe gekommen, dass es die Mächte des Bösen bekämpft und letztlich besiegt. Hurra, ein Feldherr und Kriegsmann ist geboren, der uns den Frieden bringt! So hat es Gott schon Jahrtausende zuvor vorausgesagt.
Eine dieser Voraussagen haben wir hier vor uns: „Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen und wird zerschmettern die Schläfen der Moabiter und den Scheitel aller Söhne Sets.“ Der das sagte, war ein Prophet wider Willen, anderthalb Jahrtausende vor Christi Geburt. Er war kein Israelit, sondern ein heidnischer Wahrsager und Zauberer. Er trug den Namen Bileam. Wie kam es, dass ausgerechnet er Christus weissagte und dass seine Worte in der Bibel verewigt wurden?
Das Volk Israel war vierzig Jahre lang in der Wüste unterwegs gewesen. Nun stand es kurz davor, das Land Kanaan zu erobern, das Gott ihm geschenkt hatte. Die dort ansässigen Völker zitterten vor dieser großen Kriegsmacht, noch mehr aber vor dem mächtigen Gott, der hinter diesem Volk stand. Auch der Moabiterkönig Balak zitterte. Als das israelitische Heer sich an seiner Grenze lagerte, wollte er sich nicht auf seine militärische Macht verlassen, er wollte sich lieber mit überirdischen Mächten verbünden. Darum bestellte er den berühmten Zauberer und Wahrsager Bileam, damit dieser die Israeliten verfluche. Ein reicher Lohn war ausgemacht worden. Doch Gott zwang Bileam, das Volk Israel zu segnen anstatt zu verfluchen. Ja, Gott ist eben stärker als die Mächte der Finsternis. Dreimal segnete Bileam Israel, was den Moabiterkönig völlig aus der Fassung brachte. Und obendrein zwang Gott den Bileam, diese wunderbare Weissagung zu sprechen, mit der er in weiter Ferne, im Nebel der Geschichte, den Friedefürsten voraussah: „Ich sehe ihn, aber nicht jetzt; ich schaue ihn, aber nicht von Nahem. Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen und wird zerschmettern die Schläfen der Moabiter und den Scheitel aller Söhne Sets.“
Ja, auch dies gehört zum Wunder der Weihnacht dazu, dass der Prophet wider Willen Gottes Erlöser voraussah, wenn auch erst von Weitem. So wurde den Frommen schon lange zuvor kund, was in der Heiligen Nacht dann beginnen sollte: Der Nachkomme Jakobs, der eine Israelit, steigt auf wie ein Stern, erhebt sich wie ein Zepter – der eine Sohn, Gottessohn, Menschensohn und Davidssohn. Der eine König, der eine Held und Feldherr: Zepter und Stern kündigen ihn als solchen an; beides sind Zeichen der Herrschaft. Und er kommt, die Feinde zu besiegen, die friedenszerstörenden Mächte, die Bileam unter den damals aktuellen Namen der Feinde Israels benannte: „Moabiter“ und „Söhne Sets“ nannte er sie; Letzteres kann auch übersetzt werden mit „Söhne des Aufruhrs“.
Was Bileam freilich nicht vorausgesehen hat und was viele dann überraschte, ist die Art und Weise, wie der Friedefürst kam. Der Sieger kam nämlich unter dem Zeichen der Niederlage, der Starke unter dem Zeichen der Schwachheit, der König unter dem Zeichen der Armut. Das ist die Botschaft des Stalls und der Krippe: Ein armes hilfloses Kind – so sehen wir zunächst den Sieger über die Mächte der Finsternis. Daran können wir erkennen, dass es Gottes Sieger ist, nicht ein menschlicher Held. Gottes Erlöser kommt so ganz anders als erwartet, damit wir merken: Das kann nur Gott schaffen – unter den Zeichen solcher Niedrigkeit Weltpolitik machen, das Böse besiegen und Frieden bringen.
Dass er den Frieden nur im Kampf, also in der Auseinandersetzung mit den Mächten der Finsternis, bringen kann, ist dann schnell offenbar geworden. Da war ein König Herodes, der schon dem kleinen Kind nach dem Leben trachtete. Da war dann später ein Pontius Pilatus, der sein Todesurteil sprach. Und gerade dort am Kreuz siegte der Friedefürst dann unter dem Zeichen der Niederlage. Hier sind Moab und die Söhne Sets für immer geschlagen, hier hat der altböse Feind seine Macht verloren, denn mit seinem Tod trug Jesus unsere Sündenstrafe. Nun verdammt uns die Sünde nicht mehr, und wir gehören ewig zu ihm. Gehören wir aber ewig zu ihm, so sind wir den Klauen des Teufels entronnen. Halleluja, was für ein großer Sieg! Nun haben wir Friede mit Gott, nun ist Friede auf Erden gekommen für alle, die an Jesus glauben.
Ja, für alle die an Jesus glauben. Denn wer nicht an ihn glaubt, der steht auf der falschen Seite. Neutralität gibt es nicht: Wer nicht an den Friedefürsten glaubt, der steht unter der Macht des Feindes und wird an seiner Niederlage teilhaben. Friede auf Erden gibt es nur beim Friedefürsten. Friede auf Erden ist nur da, wo man dem Friedefürsten vertraut und sich seiner Herrschaft unterstellt. Wenn es heute noch soviel Unfrieden gibt, dann nur deshalb, weil so wenige dem Friedefürsten vertrauen.
Liebe Gemeinde, lasst uns wachsam sein. Wir wollen uns Weihnachten nicht in ein allgemeines Friedensgefühl einlullen lassen. Wir wollen mit klaren Blick erkennen, dass der Feind noch immer versucht, Menschen aus der Heilsgemeinschaft mit dem Friedefürsten herauszureißen. Er tut es frecher denn je. Er greift vor allem nach der Jugend. Er tut es zum Beispiel durch bestimmte Arten der Pop-Musik. Da gibt es Rockmusiker, die sich bewusst dem Satan verschrieben haben. Sie machen öffentlich Reklame für den Teufel; sie luden mit einem berühtem Titel ein auf den „Highway to hell“, auf die Straße zur Hölle, und begeisterten damit Millionen von jungen Leuten! Wenn wir unsere Jugendlichen an diese Mächte verlieren, dann nützt ihnen das Kind in der Krippe nichts mehr, dann werden sie keinen Frieden finden, weder auf Erden noch im Himmel. Friede gibt es wirklich nur dort, wo der Friedefürst ist, der Stern Jakobs. Man findet diesen Frieden hier in der Kirche, in Gottes Wort, in Gottes Sakrament – und überall da, wo man Jesus den Herrn nennt und das Leben nach ihm ausrichtet. Rettung, Heil und Frieden ist den Menschen nur in einem Namen verheißen, und das ist der Name Jesus. Jesus zwingt niemanden zu seinem Heil, aber er lädt ein: Hier ist Friede, Friede auf Erden und Friede im Himmel, Friede mit Gott und, wenn wir das auf unseren Alltag beziehen, auch Friede mit den Menschen.
Ich meine das ganz praktisch. Nehmen wir mal den Bereich Familie, wo ja öfters der Friede zwischen Menschen auf eine Bewährungsprobe gestellt wird. „Friede auf Erden“ ist denen verheißen, die mit Christus leben. Wenn nun die Ehepartner von Anfang an ihre Ehe unter Gottes Segen stellen, werden sie das erfahren. Sie erfahren Gottes Heil und Vergebung in Christus und sind darum bereit, sich auch immer wieder gegenseitig zu vergeben. Sie kennen Gottes Liebe – die Liebe, die nicht den eigenen Vorteil sucht; das versuchen sie in ihrer Ehe umzusetzen. Sie wissen, was Gottes Wort vom Mann und von der Frau in der Ehe erwartet, sie bemühen sich darum und merken: Das ist der beste Weg. Sie erziehen ihre Kinder in Gottesfurcht und in den Geboten. Die Kinder gehorchen den Eltern. Wenn es Probleme gibt, dann sagt man sie dem himmlischen Vater im Gebet und vertraut auf seine Hilfe. Jeden Tag stellt man unter Gottes Wort und richtet sich neu auf das Leben mit Jesus aus. Wenn alle an diesem Strang ziehen, dann ist da Friede in der Familie, und die anderen werden das merken. Je besser es gelingt, das Leben von Jesus prägen zu lassen, desto spürbarer wird sein Friede werden.
Das Ganze kann man auch auf andere Bereiche übertragen. Je mehr Leute aus dem Heil des Friedefürsten leben, desto mehr Friede zieht ein. Aber es sind eben leider nicht sehr viele, und es gelingt ihnen auch nicht besonders gut, und darum gibt es soviel Unfrieden. Eigentlich schade. Aber auch das wusste Christus von vornherein und hat es in Kauf genommen: dass viele ihn nicht aufnehmen. Wie dem auch sei: Bei uns soll er herrschen, ja, bei uns soll in seinem Namen Friede auf Erden sein. Aber noch tobt der Kampf in der Welt, wenn auch der Sieg schon entschieden ist. Noch ist die Welt ein Schlachtfeld, und der Friedefürst liegt im Streit mit dem „Fürsten dieser Welt“, der sich so sauer stellt. Dieses Schlachtfeld geht manchmal mitten durch unser eigenes Herz. Das müssen wir wissen, damit wir richtig Weihnachten feiern können – nämlich so, dass wir mit allem Ernst bitten: „Ach mein herzliebes Jesulein, / mach dir ein rein sanft Bettelein, / zu ruhen in meins Herzens Schrein, / dass ich nimmer vergesse dein.“ Amen.
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