Liebe Brüder und Schwestern in Christus!
Beim Erntedankfest freuen wir uns über das Essen und danken Gott dafür. Immer wieder taucht aber auch die Frage auf: Welches Essen ist denn wirklich gut für uns? Könnte es sein, dass Obst und Gemüse mit Schadstoffen belastet sind? Könnte es sei, dass die industrielle Produktion unserer Lebensmittel Risiken mit sich bringt für Mensch, Tier und Umwelt? Wer kann solche Fragen objektiv beantworten – ohne Panikmache, ohne Beschwichtigungen, ohne Hintergedanken? Man müsste selbst herausfinden können, welche Lebensmittel gut sind und welche nicht. Aber ein Lebensmittel-Testlabor ist teuer und erfordert großen Fachverstand.
Ich möchte euch jetzt ein Mini-Testlabor vorstellen, das wir uns alle leisten können und das jeder bedienen kann. Dieses Testlabor ist unser Predigttext. Da heißt es: „Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird, denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet.“ Lasst uns verschiedene Lebensmittel in diesem Labor untersuchen!
Zuerst untersuchen wir eine Birne. Sie kommt direkt vom Birnbaum. Als Gott die ganze Welt machte, da hat er auch den Birnbaum erschaffen. Im ersten Kapitel der Bibel heißt es: „Die Erde ließ aufgehen Bäume, die da Früchte tragen, in denen ihr Same ist, ein jeder nach seiner Art. Und Gott sah, dass es gut war“ (1. Mose 1,12). Und am Ende dieses Schöpfungskapitels steht: „Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“ (1. Mose 1,31). So ist diese Birne ein sehr gutes Geschöpf Gottes, und ebenso der Baum, an dem sie wuchs. Unser biblisches Testlabor bestätigt: „Alles was Gott geschaffen hat, ist gut.“ Wir können diese Birne also bedenkenlos essen, sollten sie allerdings vorher abwaschen. Sie eignet sich gut als Nachtisch beim Mittagessen, da auch als Birnenkompott oder „Birne Helene“. Aber unser Labor gibt auch eine Empfehlung zum Verzehr. Es heißt da: „Nichts ist verwerflich, was mit Dank empfangen wird.“ Ohne Dank kann uns sogar Rohkost schaden, jedenfalls an der Seele, denn Gottes gute Gaben sollen bewusst mit Dank an den Schöpfer genossen werden. Das geht am besten mit einem Dankgebet nach dem Essen, zum Beispiel mit diesem: „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.“ Dieses Gebet ist schon ein paar tausend Jahre alt. Es findet sich in mehreren Psalmen, kommt also aus Gottes Wort. Auch Paulus und die ersten Christen kannten dieses biblische Tischgebet, und darum konnte er vom Essen, über dem gebetet wurde, sagen: „Es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet“, also durch Dank‑ und Segenssprüche, die aus der Heiligen Schrift kommen. Das gehört zu den Dingen, die Menschen von Tieren unterscheiden sollten: Sie stürzen sich nicht gierig aufs Fressen und drängeln nicht gierig am Futtertrog, sondern sie halten gemeinschaftlich Mahlzeiten, die sie zu Anfang segnen und für die sie am Ende danken. Martin Luther erklärte die vierte Vaterunser-Bitte „Unser täglich Brot gib uns heute“ im Kleinen Katechismus so: „Wir bitten in diesem Gebet, dass er's uns erkennen lasse und wir mit Danksagung empfangen unser tägliches Brot.“
Zweitens tun wir eine Wurst in unser biblisches Testlabor. Da runzelt der Vegetarier die Stirn, und das nicht erst in unserer Zeit. Schon zur Zeit des Neuen Testaments haben manche Christen auf Fleisch verzichtet, denn sie fürchteten, die Tiere könnten vor dem Schlachten heidnischen Götzen geweiht worden sein. Heutige Vegetarier machen sich eher Sorgen um das Wohl der Tiere, vor allem, wenn sie nicht artgerecht gehalten werden. Und der fromme Jude rührt kein Schweinefleisch an wegen alttestamentlicher Speisegebote. Es kann ganz verschiedene Gründe geben, warum Menschen kein Fleisch essen, das muss man respektieren. Am Fleisch selbst liegt das aber nicht, denn wieder zeigt unser biblisches Testlabor an: „Nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird.“ Bereits als Noah aus der Arche stieg und sich fragte, ob er künftig vom Fleisch der Tiere essen dürfe, die doch seine Passagiere in der Arche gewesen waren, erlaubte Gott ihm und seinen Nachkommen: „Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise; wie das grüne Kraut habe ich's euch alles gegeben“ (1. Mose 9,3). Es mag Vernunftgründe geben, auf Fleisch zu verzichten, Glaubensgründe gibt es für uns Christen nicht. Jesus selbst hat ausdrücklich gesagt, dass kein Nahrungsmittel, das ein Mensch zu sich nimmt, ihn in Gottes Augen unrein macht (Markus 7,15) – wenn er es denn mit reinem Herzen, also mit Dank und Tischgebet, zu sich nimmt. Martin Luther erklärte die vierte Vaterunser-Bitte „Unser täglich Brot gib uns heute“ im Kleinen Katechismus so: „Wir bitten in diesem Gebet, dass er's uns erkennen lasse und wir mit Danksagung empfangen unser tägliches Brot.“
Drittens legen wir einen Schokoriegel in unser biblisches Testlabor. Da runzelt jeder die Stirn, der Wert auf gesunde Ernährung legt. Gehören Schokoriegel überhaupt zur Nahrung, zum täglichen Brot? Sind sie nicht einfach nur schädlich – weil sie dick und die Zähne kaputt machen? Aber unser Testlabor sagt wieder: Auch der Schokoriegel ist nicht verwerflich, wenn wir ihn dankbar als Gottes gute Gabe annehmen. Dankbar bedeutet gleichzeitig: Mit gutem Gewissen. Denn wenn jemand etwas mit schlechtem Gewissen tut, dann wird er Gott dafür nicht danken, sondern dann wird er versuchen, überhaupt nicht an Gott zu denken. Wenn zum Beispiel jemand, der auf sein Gewicht achten sollte, sich den vierten Schokoriegel am Tag in den Mund schiebt, dann kann er das eigentlich nicht anders als mit schlechtem Gewissen tun und dann ist dieser Riegel beim biblischen Test durchgefallen. Wer sich aber hin und wieder mal einen Schokoriegel schmecken lässt und Gott für diese gute Gabe dankt, der kann das unbedenklich tun. Dasselbe lässt sich auf Genussmittel und auf alkoholische Getränke übertragen: Ein gelegentliches Glas Wein kann man mit gutem Gewissen und dankbar zu sich nehmen, eine halbe Flasche Wodka aber nicht. Martin Luther erklärte die vierte Vaterunser-Bitte „Unser täglich Brot gib uns heute“ im Kleinen Katechismus so: „Wir bitten in diesem Gebet, dass er's uns erkennen lasse und wir mit Danksagung empfangen unser tägliches Brot.“
Etwas Viertes will ich in unser biblisches Testlabor legen. Wir können es freilich nicht sehen, es ist nämlich – nichts. Jetzt geht es also nicht mehr darum, ob wir etwas Bestimmtes essen dürfen, sondern darum, ob wir auf etwas Bestimmtes verzichten dürfen. Kinder haben manchmal dieses Problem: Sie werden genötigt, etwas zu essen, was sie nicht mögen. Sollte man ihnen nicht lieber die Freiheit lassen, dass sie stattdessen nichts essen? Oder nehmen wir den Fall, dass große Reste von einer Mahlzeit übrigbleiben, die niemand in der Familie mehr gern essen möchte, die aber bald schlecht werden: Sollte man sich da wirklich überwinden, den Magen verrenken und es hineinzwingen, damit nichts umkommt? Auch hier gibt unser Testlabor eine erfreuliche und positive Antwort: Wenn wir mit Dank gegen Gott auf etwas verzichten und es nicht essen, dann ist das auch gut. Wenn wir es nicht mögen, wenn wir satt sind oder wenn wir fasten wollen, dann dürfen wir statt „ja, danke“ auch mal „nein danke“ sagen.
Nach vier Test-Durchgängen erkennen wir: Wir können unser tägliches Brot mit großer Freiheit und großer Freude zu uns nehmen – wenn wir es denn mit dankbarem Herzen unter Gebet tun. Alle Lebensmittel, die wir mit gutem Gewissen und in verträglicher Menge zu uns nehmen, sind gute Gottesgaben; es gibt nichts, das wir grundsätzlich ablehnen müssten. Und außerdem haben wir die Freiheit, auch mal „nein danke“ zu sagen. Diese Freiheiten hat uns der Herr Jesus Christus mit seinem Evangelium eröffnet. Vor allem aber zeigt uns das Evangelium: Er selbst, Christus, ist unser wichtigstes Lebensmittel. Er ist das Lebensbrot, das unsere Seele gesund macht und unsern Glauben am Leben erhält. Für das Lebensbrot wollen wir Gott am meisten danken – nicht nur, solange wir in dieser Welt noch Saat und Ernte erleben und Erntedankfeste feiern, sondern darüber hinaus in alle Ewigkeit. Amen.
PREDIGTKASTEN |